196 Tage Nutzungsausfall: Verzögerungstaktik wird für Versicherung zur teuren Angelegenheit
Gut ist es, im Ernstfall versichert zu sein. Blöd ist es, wenn die gegnerische Versicherung die Regulierung eines unverschuldeten Schadens nicht nur in die Länge zieht, sondern auch noch versucht, dem Geschädigten den ein oder anderen Schwarzen Peter zuzuschieben. Gut Ding wollte hier nicht nur Weile haben, sondern wurde dank des Landgerichts Osnabrück (LG) letztlich zu einer richtig teuren Angelegenheit für den Versicherer.
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Gut ist es, im Ernstfall versichert zu sein. Blöd ist es, wenn die gegnerische Versicherung die Regulierung eines unverschuldeten Schadens nicht nur in die Länge zieht, sondern auch noch versucht, dem Geschädigten den ein oder anderen Schwarzen Peter zuzuschieben. Gut Ding wollte hier nicht nur Weile haben, sondern wurde dank des Landgerichts Osnabrück (LG) letztlich zu einer richtig teuren Angelegenheit für den Versicherer.
Ein Autofahrer erlitt mit seinem sehr hochwertigen Fahrzeug einen Verkehrsunfall. Die Erklärung der Kostenübernahme durch die gegnerische Versicherung zog sich dann über einen sehr langen Zeitraum. Erst wurde eingewandt, dass der Unfallhergang unklar sei. Dann wurde eine Dash-Cam-Aufzeichnung übermittelt, deren Daten angeblich nicht verwertbar seien, so dass der Versicherer die Freigabe der Kostenübernahme nicht erteilte. Schließlich wurde seitens der Versicherung nach geraumer Zeit ein eigener Gutachter eingesetzt. Als die Kostenübernahme daraufhin endlich erfolgte, wurde dann auch der Reparaturauftrag erteilt. Aufgrund organisatorischer Probleme zog sich auch noch die anschließende Reparatur in die Länge. Neben anderen Forderungen machte der Geschädigte daraufhin Nutzungsausfallentschädigung für 196 Tage à 175 EUR pro Tag geltend - also satte 34.300 EUR. Die Versicherung verweigerte die Zahlung mit dem Hinweis, der Mann hätte sich ein Interimsfahrzeug anschaffen können oder seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen müssen.
Das LG gab dem Geschädigten recht. Zwar sei es richtig, dass unter normalen Umständen nicht immer auf die Kostenübernahme der Versicherung gewartet werden dürfe. Hier aber habe der Geschädigte bereits mit der Schadensmeldung darauf hingewiesen, dass er selbst die Reparatur nicht vorfinanzieren könne. Einwendungen seitens der Versicherung erfolgten daraufhin nicht. Zudem habe die Versicherung die Regulierung wegen unterschiedlicher Schadensschilderungen abgelehnt, so dass zu befürchten war, dass nicht alles erstattet werde. Auch musste die Vollkaskoversicherung nicht in Anspruch genommen werden - deren Sinn und Zweck sei schließlich nicht die Entlastung des Schädigers. Dabei sei zudem zu berücksichtigen, dass der Verlust der günstigen Schadensfreiheitsklasse gedroht hätte. Zu guter Letzt habe sich der Geschädigte auch kein Interimsfahrzeug anschaffen müssen. Schließlich sei gar nicht absehbar gewesen, dass sich die Regulierung so lange hinziehen würde. Auch die Verzögerung der Reparatur konnte der Geschädigte nicht beeinflussen.
Hinweis: Das Oberlandesgericht Schleswig hat in einer Entscheidung vom 16.04.2024 (7 U 109/23) entschieden, dass der Geschädigte sich im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht dann ein Interimsfahrzeug anzuschaffen hat, wenn ein längerer Nutzungsausfall aufgrund einer sich verzögernden Reparatur absehbar ist (hier zehn Monate wegen der Corona-Pandemie und den daraufhin erfolgten langen Lieferzeiten).
Quelle: LG Osnabrück, Urt. v. 12.02.2025 - 5 O 2598/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Augen auf im Supermarkt: Sturz über Preiseinschub nicht durch Verletzung von Verkehrssicherungspflichten verursacht
Mit der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ist es immer wieder so eine Sache - war das fahrlässig, und wenn ja, von welcher Seite überhaupt? Und da jeder Fall einzeln betrachtet werden muss, war das Landgericht München II (LG) gefragt, sich nach einem Sturz in einem Supermarkt auf Ursachenforschung zu begeben.
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Mit der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ist es immer wieder so eine Sache - war das fahrlässig, und wenn ja, von welcher Seite überhaupt? Und da jeder Fall einzeln betrachtet werden muss, war das Landgericht München II (LG) gefragt, sich nach einem Sturz in einem Supermarkt auf Ursachenforschung zu begeben.
Die klagende Kundin eines Supermarkts hatte in selbigem einen Gang mit Aktionsartikeln beschritten, als sie mit ihrem Fuß an einen leicht hervorstehenden Einschub stieß, der zur Preiskennzeichnung an einer Europalette befestigt war. Dieser Preisschildeinschub löste sich, die Frau stürzte und erlitt dabei einen Bruch des Oberschenkelknochens. Schließlich klagte sie gegen den Supermarktbetreiber auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Denn für sie war die Sache klar: Der Betreiber hatte die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten nicht beachtet.
Das LG war anderer Ansicht und wies die Klage ab, da es keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten feststellen konnte. Denn Kameraaufnahmen belegten, dass von der Europalette kein Risiko ausgegangen war. Dass das Preisschild nicht angeschraubt war, habe das Risiko nicht nennenswert erhöht. Im Gegensatz zur Behauptung der Kundin stand der Preiseinschub auch nicht ab, sondern lag bündig an der Palette an. Das LG wies zudem darauf hin, dass eine 100%ige Sicherheit in einem Supermarkt auch prinzipiell nicht erwartet werden könne.
Hinweis: Ob in einem Ladengeschäft die Verkehrssicherungspflichten beachtet werden oder nicht, lässt sich häufig erst im Nachhinein durch ein Gericht feststellen. Natürlich kann keine 100%ige Sicherheit in einem Supermarkt erwartet werden. Trotzdem lohnt es sich in solchen Fällen, den Rechtsanwalt des Vertrauens zu fragen, ob ein Rechtsstreit zur Erlangung eines Schmerzensgeldes und von Schadensersatz Aussicht auf Erfolg hat.
Quelle: LG München II, Urt. v. 25.02.2025 - 1 O 576/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Ausgewertete Fallakte: Einsichtsrechte im Bußgeldverfahren beim Vorwurf der Geschwindigkeitsübertretung
Bei einem vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß ist es schwer, genaue Einsicht in die erfassten Daten zu erhalten. Die auf Überlassung der sogenannten Falldatei gerichtete Rechtsbeschwerde wurde im folgenden Fall zwar verworfen. Doch mit seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nun grundsätzlich geklärt, wie eine Überprüfung des vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes erfolgen kann.
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Bei einem vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß ist es schwer, genaue Einsicht in die erfassten Daten zu erhalten. Die auf Überlassung der sogenannten Falldatei gerichtete Rechtsbeschwerde wurde im folgenden Fall zwar verworfen. Doch mit seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nun grundsätzlich geklärt, wie eine Überprüfung des vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes erfolgen kann.
Der Betroffene war wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 27 km/h zu einem Bußgeld von 240 EUR verurteilt worden. Sein Verteidiger begehrte im Rahmen des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde die Überlassung der sogenannten Falldatei durch die Zentrale Bußgeldstelle in Kassel. Diesen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil hat das OLG zwar verworfen, da die vom Verteidiger erhobene Rüge prozessual unzureichend erhoben worden und damit unzulässig sei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung hat der Senat jedoch zum Anlass genommen, grundsätzlich zusammenzufassen, wie die Betroffenen Einsicht in ihre sogenannte Falldatei erhalten können.
Die von den Messgeräten erzeugte digitale Falldatei ist Ausgangspunkt aller Geschwindigkeitsvorwürfe mit zugelassener Messtechnik. Diese verschlüsselte Datei enthält den amtlichen Messwert und das Messbild. Zu ihrer Auswertung bedarf es deshalb eines zugelassenen Auswertungsprogramms und entsprechender Schlüssel. Beides liegt in Hessen bei der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel vor. Die Bußgeldbehörde hat vor Erlass eines Bußgelds grundsätzlich die Tragfähigkeit der Beweismittel zu prüfen. Dies macht sie, indem sie die digitale verschlüsselte Falldatei entschlüsselt und mit dem zugelassenen Auswertungsprogramm auswertet. Dadurch entsteht eine aus Messbild und Messwert bestehende lesbare Version. Der Messwert wird dem Objekt auf dem Messbild zugeordnet, und somit wird der notwendige Kontext zwischen der gefahrenen Geschwindigkeit (amtlicher Messwert), dem Täterfahrzeug (Objekt) und dem verantwortlichen Fahrer hergestellt. Die Auswertung der Falldatei muss jederzeit von allen Verfahrensbeteiligten - Gericht, Staatsanwaltschaft, Betroffener, Verteidiger - zur Prüfung eigenständig wiederholt werden können. Deshalb muss die Bußgeldstelle die Falldatei, das dazu notwendige zugelassene Auswertungsprogramm und die entsprechenden Schlüssel vorhalten. Der Betroffene eines Bußgeldbescheids kann selbst auch ohne Verteidiger seine Rechte im Bußgeldverfahren wahrnehmen und die Zuordnung des amtlichen Messwerts zu seinem Kraftfahrzeug und des Messbilds zu ihm als Fahrer anhand seiner Falldatei überprüfen. Dafür kann er entweder nach Terminvereinbarung bei der Bußgeldbehörde die unausgewertete Falldatei einsehen und mit dem dort vorgehaltenen Auswertungsprogramm und Schlüssel eigenständig auswerten. Alternativ kann er die Übersendung einer ausgewerteten Falldatei in lesbarer Version auf eigene Kosten beantragen. In diesem Fall muss auf die Authentizität vertraut werden.
Hinweis: Das OLG hat die Einsichtsrechte im Bußgeldverfahren beim Vorwurf einer Geschwindigkeitsübertretung geklärt. Demnach muss der Betroffene oder sein Anwalt die korrekte Zuordnung und Auswertung der Messdaten anhand der Falldatei überprüfen können. Die nicht ausgewertete Falldatei ist aber nicht Teil der Verfahrensakte und damit nicht vom Einsichtsrecht umfasst. Sie dient nur als Basis für die Auswertung.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.02.2025 - 2 Orbs 233/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Bei hohem Betreuungsanteil: Mitbetreuung rechtfertigt Herabgruppierung des Kindesunterhalts
Beide Eltern sind den Kindern zu Unterhalt verpflichtet - durch Betreuung oder finanziell. Was passiert, wenn ein Elternteil an sich Barunterhalt schuldet, die Kinder aber de facto mitbetreut, war Dreh- und Angelpunkt im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG).
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Beide Eltern sind den Kindern zu Unterhalt verpflichtet - durch Betreuung oder finanziell. Was passiert, wenn ein Elternteil an sich Barunterhalt schuldet, die Kinder aber de facto mitbetreut, war Dreh- und Angelpunkt im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG).
Nach der Trennung im Dezember 2019 blieben die drei Kinder im Haushalt der Kindesmutter. Der Vater zahlte für die Kinder Unterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds. Zudem betreute er sie in jeder ungeraden Kalenderwoche von Mittwoch nach Schulschluss bis Montagmorgen zum Schulbeginn, zusätzlich während der Hälfte der Schulferien. Als der Vater vom Amtsgericht verpflichtet wurde, rückwirkend Kindesunterhalt von 115 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe zu zahlen, legte er Beschwerde gegen die Festsetzung des Unterhalts ein, soweit dieser 100 % übersteigt.
Der Vater hatte damit vor dem OLG auch Erfolg: Er blieb der Zahlungspflicht von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Kinder nach der Düsseldorfer Tabelle verpflichtet (abzüglich des hälftigen Kindergeldes). Dies ist wegen der beachtlichen Mitbetreuung der Kinder durch den Vater gerechtfertigt. Der Vater betreut die drei Kinder an fünf von 14 Tagen. Addiert man hierzu noch die Betreuung während der Hälfte der Schulferien, entspricht dies einem Betreuungsanteil von gut 35 % - also von mehr als einem Drittel. Ein deutlich erweiterter Umgang kann daher auch zu einer Herabgruppierung der Unterhaltspflicht führen. Dabei spielt es eine Rolle, inwieweit bei der Betreuungszeit über die Gewährung von Naturalunterhalt der Unterhaltsverpflichtung bereits entsprochen und der hauptbetreuende Elternteil entlastet wird.
Hinweis: Auch bei einer Trennung sollte sich jeder Elternteil seine Betreuungsanteile bewusst machen, zum Beispiel durch eine schriftliche Aufstellung. Vielleicht sind diese zu hoch, so dass der Barunterhalt reduziert werden kann.
Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 04.04.2025 - 1 UF 136/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Fiktive Abrechnung: Vortrag seitens des Klägers zu angefallenen Reparaturkosten nicht notwendig
Zur sogenannten fiktiven Abrechnung wird im Schadensfall ermittelt, welcher Betrag für die Schadensbeseitigung am Fahrzeug nötig ist. Dieser Betrag gilt - egal, ob der Geschädigte den Schaden damit beseitigen lässt, und wenn ja, für welchen tatsächlichen Betrag. Dass der gegnerische Versicherer hingegen darauf besteht, dass der im Reparaturfall angefallene Betrag nachgewiesen und auch nur dieser dann beglichen wird, stieß vor dem Bundesgerichtshof (BGH) auf Widerstand.
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Zur sogenannten fiktiven Abrechnung wird im Schadensfall ermittelt, welcher Betrag für die Schadensbeseitigung am Fahrzeug nötig ist. Dieser Betrag gilt - egal, ob der Geschädigte den Schaden damit beseitigen lässt, und wenn ja, für welchen tatsächlichen Betrag. Dass der gegnerische Versicherer hingegen darauf besteht, dass der im Reparaturfall angefallene Betrag nachgewiesen und auch nur dieser dann beglichen wird, stieß vor dem Bundesgerichtshof (BGH) auf Widerstand.
Der Kläger hat nach einem Verkehrsunfall seines in Deutschland zugelassenen Fahrzeugs ein Gutachten eingeholt, das Reparaturkosten von 3.000 EUR netto auswies. Während eines Aufenthalts in der Türkei ließ der Kläger sein Fahrzeug vollständig reparieren - und zwar fach- und sachgerecht. Zu den Reparaturkosten machte er hingegen keine Angaben. Seine Klage auf Schadensersatz - unter anderem die im Gutachten festgestellten Reparaturkosten - hat das Amtsgericht Meinerzhagen (AG) zurückgewiesen. Die Klage sei laut AG unschlüssig, da der Kläger nur die in der Türkei tatsächlich angefallenen Reparaturkosten verlangen könne. Und eben dazu habe er nichts vorgetragen. Auf die Berufung des Klägers hin hat dann das Landgericht Hagen dieses Urteil teilweise abgeändert und dem Kläger die geltend gemachten Schadensersatzansprüche zugesprochen (unter Berücksichtigung einer Haftungsquote in Höhe von 40 %). Die hiergegen eingelegte Revision der Beklagten war erfolglos.
Der BGH stellte klar, dass es keine Verpflichtung für den Kläger gibt, zu den tatsächlichen Reparaturkosten vorzutragen. Dem Geschädigten kann nicht mangels Vorlage einer Reparaturkostenrechnung oder mangels Vortrags zu den tatsächlich angefallenen Reparaturkosten Schadensersatz versagt werden. Richtschnur für den vom Schädiger zu leistenden Ersatz sind nicht die vom Geschädigten tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten, sondern der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag. Bei der Ermittlung dieses Betrags sind im Rahmen der fiktiven Abrechnung Gesichtspunkte, die eine tatsächlich durchgeführte Reparatur (gleich an welchem Ort) betreffen, grundsätzlich irrelevant.
Hinweis: Der BGH stellt klar, dass die Rechte der Geschädigten bei der fiktiven Abrechnung im Hinblick auf eine nachfolgende Reparatur nicht beschnitten werden dürfen. Zu erstatten ist der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag, nicht tatsächlich entstandene Reparaturkosten.
Quelle: BGH, Urt. v. 28.01.2025 - VI ZR 300/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Fisch gegen Amphibie: Forellenzüchter wehrt sich als Anlieger erfolgreich gegen Straßensperrung für Krötenwanderung
Selbst wenn die Überschrift in ihrer Kürze lustig anmuten mag, letztlich war die Maßnahme, die ein Landkreis hier erließ, für einen gewerblichen Straßenanlieger existenzgefährdend. Daher war im Folgenden auch das Verwaltungsgericht Osnabrück (VG) gefragt. Es musste sich mit einer behördlich angeordneten Straßensperrung zugunsten einer Krötenwanderung beschäftigen.
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Selbst wenn die Überschrift in ihrer Kürze lustig anmuten mag, letztlich war die Maßnahme, die ein Landkreis hier erließ, für einen gewerblichen Straßenanlieger existenzgefährdend. Daher war im Folgenden auch das Verwaltungsgericht Osnabrück (VG) gefragt. Es musste sich mit einer behördlich angeordneten Straßensperrung zugunsten einer Krötenwanderung beschäftigen.
Der Landkreis Osnabrück hatte auf Antrag des NABU e.V. seine straßenverkehrsrechtliche Zustimmung zur teilweisen Sperrung der Bergstraße in Bad Iburg vom 01.02. bis zum 30.04.2025, jeweils von 18 Uhr bis 8 Uhr, erteilt. Die Maßnahme sei zum Schutz der Amphibien erforderlich und angemessen. Dagegen klagte ein Anlieger, der an der Straße eine Forellenzucht und den Handel einschließlich der Direktvermarktung betrieb. Er hielt das Ganze für alles andere als angemessen. Und da lag er nicht falsch.
Das VG war auf der Seite des Forellenzüchters und beschloss die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die teilweise Sperrung der Bergstraße. Die Behörde wurde einstweilen verpflichtet, unverzüglich die Verkehrsschilder zu entfernen und die Schranken zu öffnen. Die Sperrung war schlichtweg unverhältnismäßig und außerdem zu unbestimmt. Insbesondere hätten die wirtschaftlichen und persönlichen Interessen des Antragstellers stärker berücksichtigt werden müssen.
Hinweis: Das Vorgehen gegen behördliche Anordnungen ist in der Regel erfolgversprechender, wenn ein Rechtsanwalt das Verfahren begleitet.
Quelle: VG Osnabrück, Beschl. v. 29.03.2025 - 1 B 10/25(aus: Ausgabe 06/2025)
Geplatzter Haustraum: Was eine Nichtabnahmeentschädigung ist und wann sie anfällt
Wenn ein Hauskauf wider Erwarten doch nicht zustande kommt, das Darlehen jedoch bereits vereinbart wurde, verlangt die Bank häufig eine sogenannte Nichtabnahmeentschädigung. Wer im Ernstfall dafür haften muss - etwa, wenn der Verkäufer wie hier kurz vor Abschluss abspringt -, hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden.
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Wenn ein Hauskauf wider Erwarten doch nicht zustande kommt, das Darlehen jedoch bereits vereinbart wurde, verlangt die Bank häufig eine sogenannte Nichtabnahmeentschädigung. Wer im Ernstfall dafür haften muss - etwa, wenn der Verkäufer wie hier kurz vor Abschluss abspringt -, hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden.
Ein Ehepaar beabsichtigte, ein Einfamilienhaus zu kaufen. Als die angefragte Bank die Finanzierung über 450.000 EUR ablehnte, kontaktierte das Paar einen Darlehensvermittler. Daraufhin unterzeichneten sie einen Darlehensvertrag über 350.000 EUR und ein Beratungsprotokoll. Darin war folgender Hinweis enthalten: "Wichtig! Unterzeichnen Sie Bau-, Kauf- und Finanzierungsverträge erst, wenn alle wichtigen Faktoren Ihres Bau- oder Kaufvorhabens geklärt und schriftlich festgehalten wurden. Ansonsten drohen bei einer Rückabwicklung hohe Kosten, wie Vertragsstrafen und Nichtabnahmeentschädigungen."
Vier Wochen später unterzeichnete das Paar dann noch ein KfW-Darlehen über 100.000 EUR. Schließlich teilten sie dem Verkäufer mit, dass nun ein Notartermin möglich wäre. Der Verkäufer informierte sie jedoch darüber, dass er das Haus aus persönlichen Gründen doch nicht verkaufen wolle. Die Bank trat daraufhin vom Darlehensvertrag zurück und verlangte von den potentiellen Käufern eine Nichtabnahmeentschädigung von 35.862,29 EUR, die das Paar vollständig bezahlte. Den Betrag forderten sie von dem Darlehensvermittler als Schadensersatz zurück und klagten. Das Landgericht hat den Darlehensvermittler zur Zahlung der Hälfte verurteilt, das Oberlandesgericht (OLG) daraufhin die Klage insgesamt abgewiesen.
Der BGH hob als letzte Instanz das OLG-Urteil nun auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den dortigen Senat zurück. Denn ein nicht gebundener Vermittler von Immobiliarverbraucherdarlehensverträgen schuldet seinen Kunden eine umfassende und richtige Aufklärung über die in Betracht kommenden Finanzierungsmöglichkeiten. Im Rahmen der geschuldeten Aufklärung darf ein reales Risiko (hier: Nichtzustandekommen des Grundstückskaufvertrags nach bereits geschlossenem und nicht mehr widerruflichem Darlehensvertrag) nicht derart verharmlost werden, dass der Eindruck entsteht, es sei nur theoretischer Natur. Zu einer umfassenden Aufklärung gehört in einem solchen Fall ein Hinweis auf die Möglichkeit einer zeitlichen Staffelung: Es wäre in Betracht gekommen, dass die Käufer ihre auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen später abgeben oder den Notartermin vorziehen.
Hinweis: Nun wird also die Vorinstanz die Angelegenheit nochmals prüfen und entscheiden müssen. Alles spricht dafür, dass der Makler des Darlehensvertrags wegen Nichterfüllung der Aufklärungspflichten zu zahlen hat.
Quelle: BGH, Urt. v. 20.02.2025 - I ZR 122/23(aus: Ausgabe 06/2025)
Hinterlegung der Abschleppkosten: Wer privaten Stellplatz zuparkt, zahlt für Rückgabe seines Pkw
Seinen Pkw auf privatem Gelände einfach so nach Gusto abzustellen, ist ebenso wenig anzuraten wie im öffentlichen Raum, und zwar auch ohne polizeilich initiierte Folgen. Das zeigt auch das folgende Urteil des Amtsgerichts München (AG), das Licht in die Tiefgaragensituation brachte, die zu diesem Gerichtstermin führte.
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Seinen Pkw auf privatem Gelände einfach so nach Gusto abzustellen, ist ebenso wenig anzuraten wie im öffentlichen Raum, und zwar auch ohne polizeilich initiierte Folgen. Das zeigt auch das folgende Urteil des Amtsgerichts München (AG), das Licht in die Tiefgaragensituation brachte, die zu diesem Gerichtstermin führte.
Die Klägerin parkte ihren Pkw in einer Tiefgarage auf einer privaten Stellplatzzufahrt. Der Nutzer des Stellplatzes, den die Klägerin somit zuparkte, beauftragte daraufhin ein Abschleppunternehmen mit der Entfernung des Fahrzeugs. Das schleppte den Pkw ab und übersandte der Klägerin eine Rechnung in Höhe von etwa 765 EUR. Die Klägerin hinterlegte den Rechnungsbetrag beim AG und erhielt ihren Pkw daraufhin zurück. Daraufhin verklagte sie allerdings das Abschleppunternehmen auf Bewilligung der Freigabe des hinterlegten Geldes zu ihren Gunsten - oder deutlicher: Sie wollte die 765 EUR zurück. Sie ging nämlich davon aus, dass das Abschleppen nicht notwendig gewesen sei. Das Abschleppunternehmen wiederum verklagte die Klägerin auf Bewilligung der Freigabe des hinterlegten Geldes zu Gunsten des Abschleppunternehmens, denn der Abschlepper war der Überzeugung, der hinterlegte Betrag stünde ihm zu.
Das AG hat dem Abschleppunternehmen Recht gegeben. Zur Überzeugung des Gerichts stand fest, dass die Klägerin ihren Pkw so abstellte, dass der Stellplatznutzer mit seinem Kfz nicht aus der Parkfläche herausfahren konnte. Das Gericht ging weiterhin davon aus, dass das Fahrzeug der Klägerin die Ausfahrt nicht nur kurzzeitig blockierte. Dies ergab sich aus dem geschilderten Zeitablauf von der Alarmierung der Beklagten bis zum tatsächlichen Abschleppvorgang. In diesem Vorgang liegt eine Eigentumsverletzung am Pkw des Stellplatznutzers, da er diesen in diesem Zeitraum nicht bestimmungsgemäß benutzen konnte. Der Stellplatznutzer war auch nicht gehalten, über einen Anruf bei der Polizei die Identität der Klägerin zu erforschen und diese zum Wegfahren zu bewegen. Das Falschparken der Klägerin erfolgte zudem auf privatem Grund, so dass keine originäre polizeiliche Aufgabe bestand.
Hinweis: Das Urteil ist rechtskräftig. Wer in einer Tiefgarage einen privaten Stellplatz so zuparkt, dass dem Stellplatznutzer die Ausfahrt unmöglich ist, muss damit rechnen, dass sein Fahrzeug abgeschleppt wird und er die Kosten hierfür tragen muss.
Quelle: AG München, Urt. v. 20.01.2025 - 191 C 19243/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Kein "doppeltes" Regelfahrverbot: Wenn der Verkehrssünder Erziehungswirkung des kürzlich beendeten Fahrverbots erkennen lässt
Wer kurz hintereinander gleich zweimal übers Ziel hinausschießt, muss auch zweimal bestraft werden - oder etwa nicht? Das Amtsgericht Dortmund (AG) setzte im folgenden Fall auf Augenmaß. Denn wenn unterstellt werden darf, dass eine erst kurz vor Gerichtstermin verbüßte Strafe die gewünschte Wirkung erzielt hat, kann von einem erneuten Fahrverbot abgesehen werden. Folgenlos blieb der zweite Verstoß dennoch nicht.
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Wer kurz hintereinander gleich zweimal übers Ziel hinausschießt, muss auch zweimal bestraft werden - oder etwa nicht? Das Amtsgericht Dortmund (AG) setzte im folgenden Fall auf Augenmaß. Denn wenn unterstellt werden darf, dass eine erst kurz vor Gerichtstermin verbüßte Strafe die gewünschte Wirkung erzielt hat, kann von einem erneuten Fahrverbot abgesehen werden. Folgenlos blieb der zweite Verstoß dennoch nicht.
Der Anlass für den Termin vor dem AG ist schnell erklärt: Der Betroffene überschritt am 29.08.2024 innerorts mit seinem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 32 km/h. Deswegen erging gegen ihn ein Bußgeldbescheid über 260 EUR, verbunden mit einem Fahrverbot von einem Monat. Hiergegen legte er Einspruch ein.
Das AG sah in der Tat von der Verhängung eines Fahrverbots ab, erhöhte hingegen die Geldbuße auf 500 EUR. In der Verhandlung stellte sich anhand des verlesenen Fahreignungsregisterauszugs nämlich heraus, dass die Bußgeldbehörde in Magdeburg gegen den Betroffenen bereits wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes eine Geldbuße von 600 EUR festgesetzt hatte - ein Fahrverbot von zwei Monaten inklusive. Zudem konnte festgestellt werden, dass der Betroffene seinen Führerschein am 13.12.2024 bei der Polizei abgegeben hatte. Die Verbotsfrist endete mit dem 12.02.2025 erst kurz vor dem Termin in Dortmund.
Für das dortige AG stellte sich nun die Frage des Umgangs mit der Tatsache, dass nach der hier verhandelten Tat bereits eine zweimonatige Fahrverbotsvollstreckung in anderer Sache stattgefunden hatte. Nun war der Betroffene selbst das Zünglein an der Waage, das den Ausschlag für die Entscheidung des Gerichts gab. Da sich der Mann durch die erst vor etwa drei Wochen abgelaufene zweimonatige Fahrverbotsvollstreckung erkennbar beeindruckt zeigte, erschien es dem AG in diesem Fall ausreichend, die Geldbuße zu erhöhen und von einem weiteren Fahrverbot abzusehen. Durch die bereits erfolgte Fahrverbotsanordnung war die beabsichtigte Erziehungswirkung bei dem Betroffenen offenbar bereits eingetreten.
Hinweis: Von einem Regelfahrverbot kann unter Anwendung des § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung und damit einhergehender Erhöhung der Geldbuße dann abgesehen werden, wenn zwischen der Anlasstat und der Verurteilung ein anderes zweimonatiges Fahrverbot vollstreckt wurde.
Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 06.03.2025 - 729 OWi-256 Js 159/25 -16/25(aus: Ausgabe 06/2025)
Minderjährige Sportler: EuGH bestätigt potentielle Missbräuchlichkeit von Vertragskonditionen bei Nachwuchsverpflichtungen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich den lettischen Fall eines jungen Sportlers bewertet. Und man ahnt es: Wenn der EuGH von einem Unionsmitglied angefragt wird, entfaltet das Urteil auch in der übrigen Union seine Wirkung. Da sich der Fall um den Sportnachwuchs und seine Vertragskonditionen dreht, ist er für das sportverrückte Deutschland sicherlich nicht uninteressant.
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich den lettischen Fall eines jungen Sportlers bewertet. Und man ahnt es: Wenn der EuGH von einem Unionsmitglied angefragt wird, entfaltet das Urteil auch in der übrigen Union seine Wirkung. Da sich der Fall um den Sportnachwuchs und seine Vertragskonditionen dreht, ist er für das sportverrückte Deutschland sicherlich nicht uninteressant.
Im Jahr 2009 schloss ein minderjähriger Sportler einen Vertrag mit einem lettischen Unternehmen ab. Dabei wurde er durch seine Eltern vertreten. Dem Jungen sollte dabei eine erfolgreiche Karriere als Berufssportler im Basketball ermöglicht werden. Der Vertrag war für die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen und sah eine Reihe von Dienstleistungen vor - unter anderem Training, sportmedizinische Leistungen, psychologische Begleitung sowie Unterstützung im Bereich Marketing, Rechtsberatung und Buchhaltung. Dafür sollte der Junge bei erfolgreicher Profikarriere 10 % sämtlicher während der Laufzeit des Vertrags erzielten Nettoeinnahmen aus Sportveranstaltungen, Werbung, Marketing und Medienauftritten im Zusammenhang mit dem betreffenden Sport zahlen, sofern seine Einnahmen mindestens 1.500 EUR pro Monat betrugen. Der Junge wurde zwischenzeitlich ein erfolgreicher Profibasketballspieler und musste an das Unternehmen mehr als 1,6 Millionen EUR zahlen. Dieses Geld verlangt er nun zurück. Die lettischen Gerichte hielten die Vertragsklausel durchaus für missbräuchlich, setzten jedoch das Verfahren aus und legten dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH hielt die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen für anwendbar. Eine Vertragsklausel, die einen jungen Sportler verpflichtet, einen Teil seiner Einnahmen zu zahlen, falls er Berufssportler werde, könne durchaus missbräuchlich sein. Das nationale Gericht muss nun die Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel prüfen - unter Berücksichtigung insbesondere ihrer Klarheit und Verständlichkeit in Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen dieser Verpflichtung. Dabei kann der Umstand, dass der Sportler zum Zeitpunkt des Abschlusses minderjährig gewesen war und dieser Vertrag von seinen Eltern in seinem Namen geschlossen wurde, für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit relevant sein.
Hinweis: Immer wieder werden Vertragsklauseln in Verträgen von Sportlern von den Gerichten für unwirksam erklärt. Im Zweifel kann dies ein Rechtsanwalt genau beurteilen.
Quelle: EuGH, Urt. v. 20.03.2025 - C-365/23(aus: Ausgabe 06/2025)
Sohn oder Berufsbetreuer? Wie bei der Betreuerauswahl korrekt vorzugehen ist
Die Feststellung, dass eine Person unter Betreuung gestellt werden muss, ist die eine Sache. Die andere ist es, einen geeigneten Betreuer zu finden. Besonders schwierig wird es, wenn Familienmitglieder gegen Berufsbetreuer konkurrieren. So hat hier erst der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, wie für eine rechtsgültige Bewertung in solchen Fällen vorzugehen ist.
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Die Feststellung, dass eine Person unter Betreuung gestellt werden muss, ist die eine Sache. Die andere ist es, einen geeigneten Betreuer zu finden. Besonders schwierig wird es, wenn Familienmitglieder gegen Berufsbetreuer konkurrieren. So hat hier erst der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, wie für eine rechtsgültige Bewertung in solchen Fällen vorzugehen ist.
Eine im Jahr 1934 geborene Frau leidet an einer Aphasie sowie schweren psychischen Störungen und kann ihre Angelegenheiten rechtlich nicht mehr besorgen. Das Amtsgericht (AG) bestellte deswegen einen Berufsbetreuer sowie eine berufliche Verhinderungsbetreuerin. Dagegen wendete sich der einzige Sohn der Betreuten. Die Betreuung müsse ihm als dem einzigen Sohn übertragen werden. Das Gericht sah ihn aber als ungeeignet an. Er habe sich nachweislich unvernünftig und auch übergriffig der Mutter gegenüber verhalten. Der Sohn wiederum gab an, sich bessern zu wollen. Dem AG reichte das nicht, es hielt dieses Versprechen für eine bloße Absichtserklärung. Während die Beschwerde des Sohns beim Landgericht (LG) noch erfolglos blieb, konnte er vor dem BGH nun einen Etappensieg erringen.
Nach § 1816 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch muss dem Wunsch des Betroffenen nach einem bestimmten Betreuer entsprochen werden, außer dieser ist ungeeignet. Schlägt der Betroffene niemanden vor, sind Familienangehörige und Berufsbetreuer gegeneinander abzuwägen. Will ein Familienangehöriger die Betreuung übernehmen und steht dem kein Wunsch des Betroffenen selbst entgegen, ist dem Familienangehörigen der Vorzug zu geben - außer, er ist für die Betreuung ungeeignet. Ob der Sohn ungeeignet ist, hatte das LG jedoch erst gar nicht ausermittelt. Genau aus diesem Grund wurde der Fall dorthin zurückverwiesen.
Hinweis: Achten Sie in einer ähnlichen Situation darauf, dass die Eignung des Betreuers aus dem Familienkreis umfassend beurteilt wird. Es muss eine Gesamtschau vorgenommen werden: War der Familienangehörige unvernünftig? Wenn ja, warum? Wie lange ist das her? Wie ist die Prognose? Nur, wenn die Gesamtschau negativ ist, kann ihm die Betreuung versagt werden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 05.03.2025 - XII ZB 260/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Teilungsversteigerung: Kindeswohl ist auch bei Zwangsvollstreckung zu beachten
Die Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Immobilie kann dem anderen Ehegatten gegenüber rücksichtslos sein, etwa wenn sein Vermögen nachhaltig geschädigt wird oder das Wohl der gemeinsamen Kinder auf dem Spiel steht. Doch wie so oft, steht auch in solchen Fällen die gerichtliche Abwägung vor einem Urteil - so auch im Fall vor dem Amtsgericht Frankenthal (AG).
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Die Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Immobilie kann dem anderen Ehegatten gegenüber rücksichtslos sein, etwa wenn sein Vermögen nachhaltig geschädigt wird oder das Wohl der gemeinsamen Kinder auf dem Spiel steht. Doch wie so oft, steht auch in solchen Fällen die gerichtliche Abwägung vor einem Urteil - so auch im Fall vor dem Amtsgericht Frankenthal (AG).
Die Eheleute leben getrennt, sind aber noch nicht geschieden. Ein Wohnhaus, das im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stand, sollte nun auf Betreiben des Mannes zwangsversteigert werden. Es gehört zu 2/3 der Ehefrau, zu 1/3 dem Mann und wird von der Frau mit den beiden gemeinsamen Kindern bewohnt. Die Tochter ist in kinderpsychologischer Behandlung, die laut der Mutter wegen der Trennung erforderlich sei. Deswegen wollte sie die Teilungsversteigerung auch untersagen lassen.
Grundsätzlich sind das Verlangen und die Durchführung einer Teilungsversteigerung nachvollziehbar. Im Zuge der Scheidung soll auch eigentumsrechtlich Klarheit geschaffen werden. Im Einzelfall kann das Betreiben der Teilungsversteigerung gegenüber dem anderen Ehegatten rücksichtslos sein. Es müssen daher stets die beiderseitigen Interessen abgewogen werden. Auf Seiten des Mannes stehen vermögensrechtliche Interessen - auf Seiten der Frau stehen neben deren Vermögensinteressen aber auch psychologische Gründe. Sie lebt mit den gemeinsamen Kindern in dem Haus. Eine der Töchter hat wegen der Trennung psychologische Probleme, durch die Versteigerung könnten sich diese noch verstärken. Zudem gehören der Ehefrau 2/3 des Hauses. Die Interessen der Ehefrau sind laut AG demnach höher zu bewerten als die Interessen des Mannes. Sie konnte also mit den Kindern im Haus bleiben.
Hinweis: Ob einem Antrag auf Teilungsversteigerung stattgegeben wird oder nicht, richtet sich also immer nach den berechtigten Interessen. Zur Feststellung der berechtigten Interessen zählen Vermögensinteressen genauso, wie sonstige berechtigte Interessen. Hier können Sie so viel wie möglich in die Waagschale werfen: Eigentumsanteile, Kindeswohl und nicht zuletzt auch die eigene psychische Gesundheit.
Quelle: AG Frankenthal (Pfalz), Beschl. v. 24.03.2025 - 5 K 13/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Verabredung zum Mord: Ehemann darf zum Nebenkläger gegen mordlüsterne Ehefrau werden
Viele heiraten - viele trennen sich. Zwar lassen Krimis anderes mutmaßen, doch in der Realität wollen wohl die wenigsten lieber über einen Auftragskiller statt über eine Scheidung Fakten schaffen lassen. Wenn man dennoch diesen illegalen Weg wählt und schließlich versagt - so wie im Fall vor dem Landgericht Ansbach (LG) -, darf in solchen Konstellationen das einst ins Visier geratene Opfer im Strafverfahren als Nebenkläger auftreten.
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Viele heiraten - viele trennen sich. Zwar lassen Krimis anderes mutmaßen, doch in der Realität wollen wohl die wenigsten lieber über einen Auftragskiller statt über eine Scheidung Fakten schaffen lassen. Wenn man dennoch diesen illegalen Weg wählt und schließlich versagt - so wie im Fall vor dem Landgericht Ansbach (LG) -, darf in solchen Konstellationen das einst ins Visier geratene Opfer im Strafverfahren als Nebenkläger auftreten.
Der Ehemann war in Urlaub in Thailand. Seine Frau und deren Liebhaber wollten endlich freie Bahn haben und beschlossen, den Ehemann töten zu lassen. Dazu beauftragten sie einen Auftragskiller. Der Killer nahm zwar das Geld an, die Tötung wollte er dann doch nicht ausführen. Der Plan kam schließlich ans Licht. Ehefrau, Liebhaber und Killer wurden wegen Verabredung zum Mord angeklagt. Am Ende saßen alle drei wegen Verabredung zum Mord - der Killer zudem wegen Betrugs - auf der Anklagebank beim LG.
Nach der Untersuchungshaft nahm der Ehemann die Ehefrau zwar wieder in die eheliche Wohnung auf, beantragte aber die Zulassung als Nebenkläger im Strafverfahren. Dies wurde ihm vom LG schließlich auch erlaubt. Nach § 395 Abs. 3 Strafprozessordnung kann die Nebenklage zugelassen werden, wenn diese wegen der schweren Folgen der Tat zur Wahrnehmung der Interessen des Geschädigten geboten erscheint. Das war hier der Fall. Schließlich sollte dem Mann das Leben genommen werden. Zudem hat er mit der Ehefrau gemeinsames Vermögen und auch gemeinsame Kinder. Es besteht also ein Interesse am Ausgang des Verfahrens.
Hinweis: Das ist sicher kein klassischer familienrechtlicher Fall. Sie sehen aber, dass Sie aus der familiären Verbundenheit Ihre Position auch in anderen Rechtsbereichen stärken können. Wäre der Mann nicht mit der Frau verheiratet gewesen und hätten sie keine gemeinsamen Kinder, wäre die Nebenklage wahrscheinlich versagt worden.
Quelle: LG Ansbach, Beschl. v. 04.03.2025 - Ks 1060 Js 3390/23(aus: Ausgabe 06/2025)
Versorgungsausgleich: Kein Versorgungsausgleich bei folgenschwerer Körperverletzung
Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Problem. Wenn sie zu folgenschweren Körperverletzungen während der Ehe führt, kann sogar der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Genau dies musste das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) im Folgenden überprüfen, nachdem die Vorinstanz dem Gewalttäter einen solchen Ausgleich noch zugesprochen hatte.
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Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Problem. Wenn sie zu folgenschweren Körperverletzungen während der Ehe führt, kann sogar der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Genau dies musste das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) im Folgenden überprüfen, nachdem die Vorinstanz dem Gewalttäter einen solchen Ausgleich noch zugesprochen hatte.
Eine 2011 in der Türkei geschlossene Ehe wurde am 03.04.2024 rechtskräftig in Deutschland geschieden. Ein gemeinsamer Sohn war 2009 geboren worden. Der Ehemann hatte nie gearbeitet und während der Ehezeit illegale Drogen konsumiert. Am 21.02.2014 hatte der Mann die Ehefrau auf einer Busfahrt zu einer Drogenentzugsklinik an einer Haltestelle aus dem Bus gezerrt. Er schlug so massiv auf sie ein, dass sie bewusstlos wurde und auf dem rechten Auge erblindete. Der Sohn verblieb bei der Mutter, der Vater zahlte keinen Unterhalt und war mehrfach im Gefängnis. Er beantragte schließlich den Versorgungsausgleich. Das Amtsgericht führte diesen auch durch. Die Ehefrau erhob Beschwerde hiergegen.
Damit war sie auch erfolgreich. Denn die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu ihren Lasten wäre in Augen des OLG grob unbillig (§ 27 Gesetz über den Versorgungsausgleich). Schließlich hat der Ehemann ein Verbrechen zu ihren Lasten begangen, unter dessen Folgen sie lebenslänglich leiden wird. Es wäre unerträglich, den Ehemann dann noch vom Versorgungsausgleich profitieren zu lassen. Auch hätte der Vater in den Phasen in Freiheit arbeiten können, um so zumindest den Kindesunterhalt zahlen zu können. Dies hatte er aber schuldhaft nicht getan, was ebenso für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs spricht.
Hinweis: Soll der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden, sind alle Gesamtumstände des Einzelfalls abzuwägen. Dabei kommt es auch darauf an, wie sich der Ex-Partner verhalten hat. Bei Gewalt in der Ehe, durch die dauerhafter Schaden entstanden ist, und durch die schuldhafte Vereitelung von Unterhalt kann der Versorgungsausgleich kippen. Wichtig ist, dass alle Punkte, die in die Gesamtabwägung einfließen sollen, ordentlich aufgelistet und eingebracht werden.
Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 27.01.2025 - 11 UF 222/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Verweigerter Kreuzfahrtantritt: Positiver PCR-Test kann in Risikosphäre der reisenden Vertragspartei fallen
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich erneut mit der Corona-Pandemie beschäftigen - und das sicherlich nicht zum letzten Mal. Wer meint, es müsse doch mal gut sein, dem sei gesagt, dass die meisten der diesbezüglichen Urteile auch für andere ansteckende Krankheiten interessant sein werden. Die Frage hier war, ob ein positiver PCR-Test eines Reisenden im Ausland Rückzahlungsansprüche bedingt.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich erneut mit der Corona-Pandemie beschäftigen - und das sicherlich nicht zum letzten Mal. Wer meint, es müsse doch mal gut sein, dem sei gesagt, dass die meisten der diesbezüglichen Urteile auch für andere ansteckende Krankheiten interessant sein werden. Die Frage hier war, ob ein positiver PCR-Test eines Reisenden im Ausland Rückzahlungsansprüche bedingt.
Ein Mann hatte für sich, seine Ehefrau und den damals zweijährigen gemeinsamen Sohn eine Kreuzfahrt, beginnend auf Mallorca, gebucht. Den Reisepreis in Höhe von 1.400 EUR hatte er vollständig bezahlt. Der PCR-Test, dem sich der Sohn des Mannes bei der Einschiffung am Morgen laut Anordnung des spanischen Gesundheitsministeriums unterziehen musste, ergab ein positives Ergebnis. Der Familie des Klägers wurde daraufhin die Teilnahme an der Reise verweigert. Nach zwei Tagen in einem Quarantänehotel auf Mallorca flog die Familie schließlich wieder nach Hause. Nun wollte der Mann die Rückzahlung des Reisepreises erhalten und eine Entschädigung in gleicher Höhe wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Weiterhin ging es ihm um Ersatz von Kosten für den Flug, die Unterbringungsbeförderung und Ähnliches. Das Geld erhielt er allerdings bislang nicht.
Der BGH sagte dazu, dass Umstände, die in die Risikosphäre einer Vertragspartei fallen, grundsätzlich keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände sind. Deshalb habe der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis nicht verloren. Unter diesen Prämissen geht der Fall somit zurück an die Vorinstanz.
Hinweis: Der Kläger wird mit großer Wahrscheinlichkeit seine Klage verlieren.
Quelle: BGH, Urt. v. 18.02.2025 - X ZR 68/24(aus: Ausgabe 06/2025)
Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 27.6.2024 brachten eine Zeitenwende im Verhältnis von Wettbewerb und Klimaschutz. Dabei zeigt sich eine Ausrichtung des Green Deal auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und damit eine deutlich andere Gewichtung von Klimaschutz und wirtschaftlicher Entwicklung als bislang nach dem Green Deal und dem EU-Klimapaket, das schon in vielfacher Hinsicht umgesetzt wurde (RED III, EU-GebäudeRL, LastenteilungsVO, 2. Standbein Emissionshandel für Verkehrs und Gebäude etc.).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. März 2025 entschieden, dass dem Begriff der "Hecke" im Sinne der Landesnachbargesetze keine allgemeine Höhenbegrenzung immanent ist. Entscheidend für die Einordnung als Hecke ist vielmehr, ob die Anpflanzung nach ihrem äußeren Erscheinungsbild einen geschlossenen Eindruck als Einheit vermittelt.
Im konkreten Fall ging es um eine Bambushecke, die eine Höhe von sechs bis sieben Metern erreicht hatte. Der Kläger verlangte den Rückschnitt auf drei Meter, gemessen vom Bodenniveau seines Grundstücks.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass der im hessischen Nachbarrechtsgesetz vorgeschriebene Grenzabstand von 0,75 Metern eingehalten wurde und keine ungewöhnlich schweren Beeinträchtigungen vorlägen.
Der BGH bestätigte, dass es keine allgemeine Höhenbegrenzung für Hecken gibt und verwies den Fall zur erneuten Prüfung an das Oberlandesgericht zurück. Dieses soll nun klären, ob der gesetzliche Grenzabstand tatsächlich eingehalten wurde.